Am 6. April beginnt sie wieder, die “stille Zeit” in Ruanda – das Gedenkmonat, in dem das ganze Land in einer kollektiven Schwermut versinkt und an den Genozid und all den Toten von 1994 gedenkt. “Die Zeit der Trauer”, “die Zeit der Tränen” – die 100 Tage nach dem 5. April haben viele Namen. 2014 hatte ich die Möglichkeit, dieses Land zu besuchen. Ich bin in meinem Leben viel gereist, aber Ruanda ist mit Sicherheit das Land, das bisher den größten und tiefsten Eindruck hinterlassen hat. Anlässlich des Jahrestages öffne ich mal meine Fotokiste und zeige euch einige der Fotos, die damals entstanden sind.

https://rwandaguide.info/place-details/kings-palace-museum
Vor den Fotos noch ein kurzer geschichtlicher Rückblick: In Ruanda leben Tutsis und Hutus – zwei verschiedene soziale Gruppen, die nichts mit dem althergebrachten und von der Kolonialzeit geprägten Begriff “Stamm” zu tun haben. Tutsis waren traditionell Rinderbesitzer, Hutus die Gärtner des Landes. Die Tutsis stellten den König und galten mit ihren Rinderherden als soziale Oberschicht. Gemocht hat man sich wohl noch nie. Ich kann mir vorstellen, dass vieles damit zu tun, dass hier zwei verschiedene Bedürfnisse aufeinander prallten. Der eine zieht mit seiner Herde durchs Land und trampelt dabei natürlich auch über Gärten und Felder, was den Gärtnern natürlich keine Freude bereitet. Da die Geschichte Ruandas erst seit dem 19. Jahrhundert schriftlich festgehalten wurde, kann man die Ursprünge dieser Feindseligkeit nicht historisch korrekt nachvollziehen, nur in etwa nachfühlen. Diese Feindseligkeit wurde allerdings von den Kolonialmächten massiv gefördert. Sie betrachteten die Tutsis als die “überlegene Rasse” an und bevorzugten sie auf allen Gebieten.
Bis zum Ersten Weltkrieg war Ruanda Teil des deutschen Kolonialreichs, danach gehörte es zu Belgien. Nach der Unabhängigkeit wurde der Ton jedoch immer schärfer. Als am 6. April die Regierungsmaschine abgeschossen wurde und die Präsidenten von Ruanda und Burundi dabei starben, begann der Genozid, der offenbar schon seit vielen Wochen vorbereitet wurde. Bis Mitte Juli wurden zwischen 800.000 und 1 Million Menschen getötet, die meisten von ihnen mit Buschmessern.
Heute herrscht eine klare “Nie-Wieder” (never again)-Politik im Land. Die Begriffe Hutu und Tutsi sind verboten. Man spricht rein historisch von “Opfern” und “Tätern”, was sehr korrekt ist, da auch gemäßigte Hutus zu den Opfern gehörten. Alle Bewohner sind Ruander. Eine der größten Aufgaben besteht bis heute darin, das gemeinsame Trauma zu verarbeiten. Dazu gehören Opfer-Täter-Treffen, bei denen die Opfer schildern, was sie erlebt oder überlebt haben und sich die Täter entschuldigen. Das ist psychologisch wichtig, war aber vor allem eine praktische Lösung: Man konnte nicht einfach einen Großteil der Bevölkerung verurteilen und wegsperren. Es gab und gibt zu viele Täter!
Ich durfte an einem dieser Versöhnungstreffen dabei sein. Es war sehr berührend, obwohl ich nichts verstand. Aber bei den beiden Frauen im oberen Bild handelt es sich also um Nachbarinnen, die eine hat der anderen damals die Felder zerstört.







Die Twa
Zu den Ruandern gehören auch die Twa, von denen man nur selten was gehört hat. Sie sind sehr klein und zierlich und gelten traditionell als hervorragende Bogenschützen. Während des Genozids wurden auch ein Drittel aller Twa. Sie dürfen heute nicht mehr wie früher in den Wäldern vom Jagen leben, man verlangt von ihnen, dass sie sich einem gewissen “modernen Lebensstil” anpassen. Weil die meisten von ihnen nur sehr wenig Land oder Geld besitzen, arbeiten sie häufig als Töpfer, wobei ihre Arbeiten oft größer sind als sie. Es sind beeindruckende Menschen, deren hartes Schicksal leider so völlig im großen Zusammenhang untergegangen ist.


- er zeigte mir stolz seine Töpfe, und ich hätte so gerne einen gekauft. Aber so ein Riesending im Flieger?? Ich war überfordert, und es tut mir heute noch leid.
Stadt und Land
Ruanda ist sehr klein – nicht viel größer als das Saarland. Aber die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind so groß, dass man glaubt, Tausende von Kilometern gefahren zu sein, obwohl es nur 20 waren.














